Freitag, 14. März 2014

Obdachlosigkeit durch JobCenter-Sanktionen nach § 31 SGB II

Anfrage gem. § 9 der Geschäftsordnung zur schriftlichen Beantwortung
Sachverhalt:
Medienberichten zufolge haben Sanktionen von JobCentern in nicht wenigen Fällen, insbesondere bei Jugendlichen, zu Obdachlosigkeit geführt. Bekannt wurde dies durch einen Bericht des Politmagazins Monitor im November 2013.
Hintergrund ist das 2007 eingeführte Gesetz § 31 SGB II, dass bei unter 25-jährigen schon kleinste Fehltritte mit aller Härte bestraft.  Schon der erste Pflichtverstoß führt demnach zur 100-prozentigen Streichung der Leistungen. 

Höhe der Leistungskürzung bei Sanktionen:  
Sanktionen nach § 31 SGB II
1. Bei einer einfachen Pflichtverletzung werden die Leistungen um 30% der Regelleistung gemindert, also um115 Euro bei einer Regelleistung von 382 Euro.
2. Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung werden die Leistungen um 60% der Regelleistung gemindert (also um 229 Euro bei einer Regelleistung von 382 Euro). Eine Wiederholung liegt vor, wenn seit Beginn der letzten Sanktion noch nicht mindestens ein Jahr vergangen ist.
3. Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung werden die Regelleistungen um 100% (also auf Null) gemindert; zusätzlich werden die anteiligen, auf den Verursacher der Sanktion entfallenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II komplett gestrichen.

Für unter 25-Jährige gelten bei Sanktionen verschärfte Bestimmungen:
hier fällt die Regelleistung bereits bei der einfachen Pflichtverletzung weg; die Komplettkürzung des Arbeitslosengeldes II tritt bereits bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung ein.

Laut der BAG Wohnungslosenhilfe (BAG W), dem Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, nimmt seit der Einführung der verschärften Sanktionen die Zahl der jungen Wohnungslosen zu. Aber auch insgesamt hat die Zahl der Wohnungslosen einen traurigen Rekord zu verzeichnen. Im Herbst 2013 sind laut BAG W 284.000 Menschen wohnungslos, Tendenz steigend. Zum Vergleich: 2010 waren es noch 248.000 – ein Anstieg um ca. 15 %.

Vor diesem Hintergrund fragen LINKE & PIRATEN die Verwaltung:
Inwieweit findet die o.g. Sanktionspraxis des SGB II in den JobCentern der Region Hannover Anwendung?

Gab es Fälle, in denen ALG II-Empfängern aus der Region Hannover sämtliche Leistungen per Sanktion gestrichen wurden?

Ergaben sich hierdurch bei den Betroffenen Verluste der Wohnungen mit Folge der Obdachlosigkeit?

Welche Wohnraumhilfen gibt es in der Region Hannover für Menschen, die ihre Wohnung durch Sanktionen verlieren oder vor einem drohenden Verlust stehen?

Werden betroffene ALG II-Empfänger bei einer Minderung oder gänzlichen Streichung von Leistungen von den für die jeweiligen Betroffenen zuständigen Sachbearbeitern in den JobCentern der Region auf vorhandene Wohnraumhilfen hingewiesen?

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