Landeshauptstadt
Hannover
Antwort
15-0050/2018 F1
Top
11.2.2.
An
den Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld (zur Kenntnis)
Antwort
der Verwaltung auf die Anfrage Einsatz von glyphosathaltigen
Herbiziden durch die Deutsche Bahn AG auf der Gleisstrecke in
Buchholz-Kleefeld Sitzung des Stadtbezirksrates Buchholz-Kleefeld am
08.02.2018 TOP 11.2.2.
Die Deutsche Bahn hat 2017 65,4 Tonnen
Glyphosat verbraucht und ist vermutlich erneut größter
Einzelabnehmer des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels in
Deutschland. Es werde zur „chemischen Vegetationskontrolle“ auf
dem Schienennetz ausgebracht, heißt es in einer Antwort der
Bundesregierung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Sören Bartol.
Das Schienennetz der DB umfasste 2015
34.000 km. Die von der Bahn ausgebrachte Glyphosatmenge entspricht
daher ca. 1,92 Kilo je Kilometer Gleisstrecke. Einschließlich der
Güterumgehungsbahnstrecke, die stellenweise die Südostgrenze des
Stadtbezirks berührt, befinden sich ca. 5 km Bundesbahn-Gleisstrecke
in Buchholz-Kleefeld.
Die EFSA (European Food Safety
Authority) hat 0,5 mg/kg/Tag als maximale sichere Dosis bei Menschen
ermittelt. (= acute reference dose (ARfD))
Wissenschaftlich umstritten ist, wie
stark der menschliche Körper Glyphosat nach den unterschiedlichen
Darreichungsformen (z.B. Inhalation, Hautkontakt oder durch das
Grundwasser) resorbiert. Es ist daher (noch) nicht möglich,
definitiv zu bestimmen, wie viele Menschen im Stadtbezirk bei einer
angenommenen Ausbringung des Bundesdurchschnitts (1,92 kg je
Gleiskilometer) von einer gefährlichen Dosis Glyphosat potenziell
gefährdet sein könnten. Nach dem europaweit geltenden
Vorsorgeprinzip ist folglich hier große Vorsicht geboten
Ich
frage daher die Verwaltung:
-
st der Stadt Hannover bekannt, ob und – wenn ja – wie viel an glyphosathaltigen Herbizid-Lösungen jährlich durch die Bundesbahn auf der innerhalb des Stadtbezirks Buchholz-Kleefeld liegenden Gleisstrecke ausgebracht wird?
-
Setzt die Stadt Hannover (etwa durch den Fachbereich Umwelt und Stadtgrün) solche Herbizid-Lösungen innerhalb von Buchholz-Kleefeld ein?
Die
Anfrage zu Punkt 1 wird von der Deutschen Bahn AG (DB) wie folgt
beantwortet:
Bevor auf die eigentliche
Fragestellung eingegangen wird, ist es erforderlich, dass die doch
sehr ortsspezifische Fragestellung in einen größeren Zusammenhang
eingeordnet wird:
Die Freihaltung des Gleisbereichs von
Vegetation ist für alle Schieneninfra- strukturbetreiber von hoher
Bedeutung, um die auf die hohen Belastungen ausgerichteten
Eigenschaften des Oberbaus zu erhalten und die Betriebs- und
Arbeitssicherheit zu gewährleisten.
In der Vergangenheit hat die DB
thermische (Heißluft, Heißwasser, Heißdampf, Heißschaum) und
mechanische (Schotterbürsten) Verfahren getestet. Alle Alternativen
wurden auf Grund des hohen Energieverbrauchs, der nichtselektiven
Wirkung auf alle Organismen (z.B. auch Eidechsen) und der sehr
langsamen Arbeitsgeschwindigkeit – und der damit verbundenen
Sperrung von Gleisen – als nicht umsetzbar bewertet. Eine
Evaluation der bestehenden Alternativen durch europäische Bahnen
(insb. SNCF) ergab, dass sich die Technik seither nicht nennenswert
weiter entwickelt hat. Daher erproben die europäischen Bahnen
verschiedene Alternativmethoden. Über die Ergebnisse tauschen sich
die Bahnen aus. Während sich die SNCF mit Abdeckverfahren und
UV-Technik befasst, betreibt die DB in Kooperation mit zwei Firmen
Forschungen auf dem Gebiet der elektrischen Unkrautbekämpfung.
Die Reduktion chemischer Wirkstoffe
ist das kurzfristige Ziel der DB. Dies soll durch die Digitalisierung
der Spritzzüge erfolgen. Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der
Unkrauterkennung und der sensorgesteuerten Spritztechnik werden mit
den beauftragten Unternehmen vorangetrieben.
Das mittelfristige Ziel der DB ist die
Substitution chemischer Herbizide auf Streckenabschnitten mit
niedriger betrieblicher Relevanz. Das bedeutet eine Reduktion von
Glyphosat durch teilweisen Einsatz erprobter alternativer Verfahren.
Die Umsetzbarkeit des langfristigen
Ziels der DB, die Vermeidung chemischer Substanzen zur
Unkrautbekämpfung, hängt von den weiteren Entwicklungen
alternativer Verfahren ab. Die ökologischen Auswirkungen thermischer
Verfahren auf alle Lebewesen im Schotterbett sowie der hohe
energetische Aufwand, der Eintrag von Substanzen bei Substitution mit
organischen Säuren oder organischen Temperaturträgern müssen
ebenso bewertet werden wie die betrieblichen Anforderungen an die
Arbeitsgeschwindigkeit.
Die bestehenden Kooperationen zwischen
Bahnen europäischer Länder, Behörden, Forschungseinrichtungen und
Wirtschaftsunternehmen zeigen das große Potential dieses Marktes.
Die DB sieht jedoch auch das Risiko, dass Glyphosat bei überstürztem
Verbot oder freiwilligem Ausstieg durch andere chemische Herbizide
substituiert wird, die im Zweifel schlechter erforscht sind und
unbekannte Gefahren bergen.
Die Gleisanlagen der DB stellen trotz
oder vielleicht sollte man besser sagen, gerade deshalb einen
wertvollen Lebensraum für Reptilien insbesondere Eidechsen dar, weil
dieser Bereich und nur dieser Bereich von Vegetation freigehalten
wird. Während die Tiere die mechanisch gepflegten Böschungsbereiche
als Schutz aufsuchen, werden die offenen Gleisschotter als Sonnen-
und Jagdhabitate genutzt. Dieses Verhalten der Tiere führt dazu,
dass die DB bei zahlreichen Oberbauerneuerungen umfangreiche
artenschutzrechtliche Schutzmaßnahmen durchführen (müssen).
Im Jahr 2016 wurden dafür auf den
insgesamt 61.000 km langen Gleisen der DB AG auf 56.289 km insgesamt
67.647 l Glyphosat eingesetzt. In 2017 wurden auf 56.019 km
Gleisanlagen 65.398 l Glyphosat eingesetzt. Dies entspricht ca. 0,15
Prozent der in Deutschland insgesamt ausgebrachten Herbizidmengen und
0,1 Prozent der gesamten Pflanzenschutzmittelmengen.
Nach dieser allgemeinen Einführung
geht die DB nun auf die angefragte ortsspezifische Situation
eingehen. Im Stadtbezirk Hannover-Kleefeld verlaufen in zwei Achsen
drei - 3 - Strecken durch den oder entlang des Stadtteils:
-
Die Achse Hannover-Lehrte mit der zweigleisigen Strecke 1730 („Fernverkehrsstrecke“) sowie der wechselweise ein- und zweigleisigen S-Bahn-Strecke 1734
-
Die sog. „Güterumgehungsbahn“ (Strecke 1750)
Leider hat die DB keine genaue
Kenntnis über die Lage der Stadtbezirksgrenzen. Die DB nimmt
vereinfachend an, dass die beiden Strecken 1730/1734 ungefähr ab dem
Messeschnellweg (und damit ungefähr Eisenbahnkilometer 2,6) mit
allen Gleisen bis zur Stadtteilgrenze nach Misburg (ungefähr km 6,2)
komplett dem Stadtbezirk zugeschlagen werden.
Die Strecke 1730 ist komplett
zweigleisig, je Richtung ergeben 3,6 Kilometer. Die Strecke 1734
verläuft im Bereich von km 2,6 bis km 4,287 eingleisig, und im
Bereich von km 4,287 bis km 6,2 zweigleisig. In der Summe ergeben
sich ca. 5,5 km. Die Strecke 1750 (Güterumgehungsbahn) startet an
der Stadtbezirksgrenze ungefähr bei km 31,3. Leider weisen die der
DB vorliegenden Kartengrundlagen unterschiedliche Verläufe der
Stadtteilgrenze aus. Im Weiteren geht die DB davon aus, dass die
Strecke 1750 von hier an in Richtung Osten komplett mit beiden
Gleisen dem Stadtbezirk Kleefeld-Buchholz zugeschlagen wird. Der
Bereich endet ungefähr bei der Eisenbahnüberführung Tiergarten in
km 32,1.
Die Strecke 1750 verläuft komplett
zweigleisig und weist je Richtung damit 0,8 Kilometer im Stadtbezirk
auf. In Summe ergeben sich für alle Strecken damit ca. 14,7 km
Gleislänge. Der Gleisrost selber war während der Behandlung der
genannten Strecken sehr sauber, so dass eine durchgehende Behandlung
des Randweges im Regelfall nur auf den sogenannten „Randwegen“
erfolgt. Diese Information ist von Bedeutung, da die
glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel Blattherbizide sind und nur
auf vorhandenen Pflanzen ausgebracht werden, also keine
flächendeckende Ausbringung der Mittel erfolgt. Sie werden von
Spritzzügen der DB im Gleisrost über Sensoren nur auf vorhandenen
Pflanzen ausgebracht, im Bereich der Schotterflanke und des Randweges
übernehmen diese Funktion die Mitarbeiter auf den Spritzzügen.
Folgende Behandlungen sind 2017
erfolgt:
-
Strecke 1730, Richtung 1 am 26.05.2017 mit Glyfos Supreme. •
-
Strecke 1730, Richtung 2 am 25.06.2017 mit Tender GB Ultra. •
-
Strecke 1734, alle Gleise am 28.05.2017 mit Tender GB Ultra. •
-
Strecke 1750, beide Richtungen am 17.07.2017 mit Tender GB Ultra.
Kalkulatorisch kommt die DB auf ca.
27,6 Liter glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel.
Zur
Frage 2 antwortet die Verwaltung wie folgt:
Der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün
hat im Stadtbezirk keine landwirtschaftlichen Nutzflächen
verpachtet, somit wird auch kein Glyphosat eingesetzt. Auf
öffentlichen Grünflächen wird ebenfalls kein Glyphosat eingesetzt.
18.62.04 BRB
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